Lost Trail Canyon
In einer US Outdoor Community diskutieren die Mitglieder eine 4WD-Route, die auf keiner Karte verzeichnet sein soll. Besser gesagt, es müssen in früheren Editionen der USGS-Topomaps Einträge existiert haben, die aus unbekannten Gründen entfernt wurden. Ein aufmerksamer Betrachter fand in aktuellen Ausgaben Überbleibsel der alten Angaben, schloss daraus auf das Vorhandensein des Trails.
Schauplatz ist ein Canyon mit trivialem Namen. Die gleiche Bezeichnung existiert nach einer Namensdatenbank alleine in den Four Corner Staaten 56 mal.
Jemand machte sich auf den Weg und fand tatsächlich einen befahrbaren, nicht gesperrten Trail. Die Behörde, der das Gebiet untersteht smauert, ihre Publikationen enthalten falsche Angaben, nach denen die Route nur für Wanderer offen sei.
Das Finden des Trails war keine ganz triviale Angelegenheit. Topographische Karten zeigten, dass es eigentlich nur zwei mögliche Ansatzpunkte geben konnte. An allen anderen Stellen würden Cliffs die Zufahrt verhindern.
Der Zugang ist nicht offensichtlich, die US-Freunde schweigen sich beredt aus. Klar, sie wollen nicht, dass das halbe Geheimnis für jedermann einfach offengelegt wird. Wer da hin will soll gefälligst selbst anfangen zu denken!
Wir wissen irgendwann, welcher Canyon der Richtige ist, machen uns auf den Weg, die möglichen Eingangspunkte zu suchen. Am ersten finden wir nichts, beim zweiten haben wir Glück. Kein Wegweiser oder Ähnliches, aber wenn man sich umsieht entdeckt man die Lücke. Treffer - hier geht es weiter. Nach einigen hundert Metern ein schwach ausgeprägter Trail und - kurios - eine jener Stahlblechboxen mit Blättern zur Selbstregistierung der Besucher, so wie es an vielen Trailheads üblich ist. Ok, jetzt ist klar, es gibt die "sagenhafte" Route. Nennen wir sie Lost Trail und den Canyon passend Lost Trail Canyon.
Das Register zeigt, dass nur wenige Menschen den Weg finden. Letzter vor uns war ein Ranger. Reifenabdrücke (s)eines Fahrzeugs sehen wir für einige Zeit, ganz am Ende war derjenige offensichtlich nicht. Im Canyon gibt es Spuren von Grading, also kümmert man sich ab und an darum. Regularely maintained. Wenn im Jahr 30-40 Besucher kommen dürfte es viel sein.
Wenn Sie wirklich in diese verlassene Gegend wollen - hierhin hat es anscheinend noch nicht mal Uransucher verschlagen - dann sollten Sie wissen wie man hier draussen ohne fremde Hilfe zurecht kommt falls was schief geht. Und wenn Sie dann immer noch den Drang verspüren können Sie ja fragen wo es denn sein könnte.
Bekommen Sie in diesem Bericht Informationen? Das steht mir nicht zu, solange die kundigen Locals nicht darüber reden. Die staatlichen Stellen halten sich sowieso bedeckt.
Beginnen wir mit dem, was die Tour kennzeichnen soll: Schlamm!
Lady erwischt noch ausserhalb des Canyons eine üble Schlammlache. Der Dreck schmeisst das Auto so zu dass nichts mehr durch die Windschutzscheibe zu sehen ist. Blindbremsung!
Die Frontscheibe spülen wir halbwegs sauber damit wir weiterfahren können, der Rest bleibt wie er ist. Wasser zu verschwenden wäre Unsinn. Der Schlamm stammt mit ziemlicher Sicherheit von einer Flutwelle, die einige Tage zuvor eine Anzahl Canyons durchgespült hat und dabei Spuren, welche uns vielleicht einfacher zum Eingang gebracht hätten, beseitigte. Wir werden im Canyon noch öfters auf Schlamm und Wasser treffen.
Geologisch starten wir auf Höhe des Übergangs von Moenkopi zur Chinle Formation. Der Trail im Canyon wird knappe 150 Höhenmeter nach unten führen und gleichzeitig in jüngere Schichten vorstossen. An seinem Ende werden wir auf dem Niveau vom Navajo Sandstone sein. Das belegt eine absteigenden Lagerung.
Im Folgenden viele Bilder und wenig Text; Erläuterungen nur wo nötig.
Die Pflanze ist für Vieh und den Menschen hochgiftig. Sie enthält Neurotoxine, also Nervengifte. Angeblich ist für Vieh eine Menge von 0,2 lb pro 100 lb Lebendgewicht tödlich.
Daneben verhält sich die Pflanze auch den bestäubenden Insekten gegenüber "ausbeuterisch". Sie fängt deren Beine in Spalten. Schafft sich das Insekt wieder frei, sind seine Beine oder auch Mundwerkzeuge mit zwei Pollensäcken beladen.
Asclepsias subverticillata gehört zur Gattung der Seidenpflanzen.
Die Lichtfärbung wechselt stark je nach den momentanen Gegebenheiten. Hat man direktes Sonnenlicht, wirken die Cliffs eher gelbbraun. Werden sie aber im Schatten von dem an der gegenüber liegenden Canyonwand reflektierten Licht angestrahlt, beginnen sie mehr oder weniger stark orange zu leuchten.
Fehlt diese Anstrahlung wird das Gestein bzw. der Sand gerne magentafarben. Dieser "Blaustich" kommt durch das indirekte blaue Licht des klaren Himmels zustande.
Da man meistens im Bett des Washs fährt gibt es wenig Hindernisse. Jumps existieren auch nicht. Fast schon ein Kinderspiel wenn es trocken ist.
Eine Kaktee nutzt die Erdmenge, die sich in der Verwitterungshöhlung angesammelt hat. Offensichtlich reicht das was an Regen in die Öffnung fällt, gut zum Überleben.
Etwas weiter unten finden wir im Canyon noch einen Felssturz vor. Auf den ersten Blick kein Durchkommen, auf den zweiten aber schon. Der Trail windet sich durch.
Obwohl wir höhenmässig einiges nach unten gekommen sind haben wir uns den an sich höher angeordneten Gesteinsschichte angenähert, die Lagen sinken stärker ab als das Gefälle, das der Canyonboden hat. Nur noch wenig trennt uns in der Senkrechten von den horizontal geschichteten Kayenta Sandstone-Lagen.
Der Trail durch den Canyon führt ganz augenscheinlich zu einem kleinen Gebäude, das aus verzinkten Blechen gebaut ist. Tür und Ofenrohr. Welchem Zweck der Bau dient wissen wir nicht. Seitlich findet sich ein Aufdruck mit einer Adresse aus Salt Lake City. Könnte der Hersteller der Blechteile sein?
Dahinter ein Zaun. Relativ grosse alte Willow Trees machen den Platz idyllisch. Jemand hat einen kleinen Feuerring angelegt. Anzunehmen, dass Locals hier bei Gelegenheit ein Wochenende im schönen Canyon outdoor verbringen.
Da steht auch noch ein ganz offizieller Trailmarker im Grünen. Die 4WD-Strecke endet hier, - weiter ginge es zu Fuss.
Wir haben keine Erklärung dafür, warum das alles so ist wie es ist.
Lunchbreak! Wenn man das um 6. p.m. so nennen kann. Unser "Mudprince" ist zwar unglaublich schmutzig, trotzdem war die Strecke nicht sehr schwer. Auch ein Standard-SUV hätte genügt. Nach einer halben Stunde brechen wir auf. Es ist alles zusammen genommen noch verflixt weit zu fahren.
Diese Felswand entdeckt meine Frau, schiesst einige Photos davon. Entfernt erinnert uns das Naturgemälde an ein Bild, das wir vor Jahren in der Alten Pinakothek in Münschen sahen: Den "Sturz der Verdammten" von Peter Paul Rubens. Jedenfalls hat es die gleiche diagonale Struktur.
Lady kehrt danach ganz schnell zu den irdischeren Dingen zurück, lichtet nochmal ihren neuen Offroad-Favoriten Prince im Tarnanzug ab. (Eigentlich haben wir es nicht so sehr mit den "Trachtenvereinen", die sich im Gelände tarnen wollen.) Er passt einfach zu gut in die Landschaft!
Gegen 7:30 p.m. kommen wir am Ausgang des Canyons an. Abgesehen davon, dass wir nochmal eine Kleinigkeit zu uns nehmen müssen wir Prince säubern. Nicht komplett, das wäre kaum möglich, aber die Lampen und Blinker. Anders wäre es zum einen gefährlich und es könnte uns auch ein Ticket einbringen.
Wir haben auf dieser Tour drei Dinge gesammelt: Eindrücke Photos und Mud!
Wir haben noch einige Stunden Fahrt vor uns bis wir zuhause sind. Eine schöne, warme Nacht mit Vollmond. Was will man mehr?