Letzte Aktualisierung: 22 May 2018

Swaseys Leap

Die San Rafael Swell zieht uns irgendwier Weise magisch an. Immer, wenn man denkt, man kennt nun vieles, habe Überblick gewonnen, kommen neue, interessante Facetten ans Licht.

Wer sich mit der Historie der Swell beschäftigt - die geologische Geschichte bleibt dabei jetzt aussen vor - der stösst unweigerlich auf den Clan der Swaseys, einer Pionierfamile, die im Castle Valley westlich der Swell siedelte und überall in der Gegend ihre Spuren hinterliess. Sie waren Rancher, fingen wilde Mustangs ein, hüteten ihr Vieh in der Swell und partizipierten am frühen Bergbau. Swaseys Cabin ist bekannt und leicht zu erreichen. Schon mal was von Swaseys Leap gehört? Nein? Dann aber vielleicht von "Swazys Leap", wie der Punkt in den amtlichen Landkarten falsch geschrieben auftaucht oder auch von Sid´s Leap. Die Menschen im Castle Valley nennen die Stelle so.

Der San Rafael River, der die Swell durchschneidet und ihr den Namen gab, hat sich im Inneren in die tiefsten, ältesten Schichten eingegraben. Dabei wurden ganz unten die harten Schichten des Coconino Sandstones angeschnitten, in die sich der Fluss in furchterregend engen Schluchten eingegraben hat. Box Canyons entstanden, deren Boden vollständig vom Wasser des Rivers bedeckt sind. Eine tödliche Falle bei Flash Floods, die schon einigen Menschen das Leben kostete.

Zwei dieser Box Canyons - Upper Black Box und Lower Black Box - finden sich bei der Landmark des Mexican Mountains, den der River im Norden, Osten und Süden nahezu 270° umschlingt. Upper Black Box liegt nordwestlich des Berges, Lower Black Box im Süden. Besonders Lower Black Box ist extrem eng. Die schmalste Stelle der Schlucht misst lediglich 3,5 Meter von Cliff zu Cliff, die Tiefe vom oberen Rand bis zum Fluss beträgt rund 20 Meter. An einer benachbarten Stelle mit vielleicht 4,5 Meter Breite soll sich eine alte Brücke befinden, primitiv aus Baumstämmen, die man über die Schlucht legte und mit quergelegten Stämmen verband. Viehhirten benutzten sie, vermieden damit viele Meilen weite Umwege. Sie heute zu überqueren soll gewagt sein.

Diese Brücke bzw. Stelle ist Schauplatz einer lokalen Sage. Sid Swasey, einer der Söhne des ursprünglichen Pioniers, soll mit einem Bruder um eine Herde Vieh gewettet haben, dass er den Abgrund mit seinem Pferd ohne Schaden überspringen könne. Der Überlieferung nach gelang es. Eine weniger wohlmeinende Variante kolportiert, der nicht immer gesetzestreue Sid sei auf der Flucht vor einem Suchtrupp des Sheriffs gewesen und habe sich mit der waghalsigen Aktion seiner Verhaftung entzogen. Was richtig ist bleibt ungewiss.

Der Bereich um den Mexican Mountain hat seinen Reiz. Die Road, die sich von der Brücke am Buckhorn Wash nördlich des Rivers entlang bis nahe an den Berg zieht, kannten wir schon länger, hatten auch schon Teile der Upper Black Box gesehen. Jetzt wollten wir die südlicher gelegene Lower Black Box und die Brücke sehen. Eines war klar - wir würden an der Grenze zur Wilderness Study Area unser Fahrzeug abstellen und wandern. Nach den Topomaps kein Problem, 2 Meilen "as the crow flies".

Wieder einmal I-70 westbound, durch den Spottet Wolf Canyon hinauf auf das Herz der Swell bis zur Ranch Exit 131. Wir halten uns sofort wieder rechts, kommen auf die Gravel Road, die zunächts parallel zur Interstate in mehr oder weniger östlicher Richtung verläuft und weiter zur Brücke über den Fluss am Buckhorn Wash führt. Eine der am häufigsten genutzen Routen in der Swell. Nach ca. 5 Kilometern biegt die Gravel Road nach NO ab, entfernt sich von der Interstate. Jetzt noch gut einen halben Kilometer und wir werden die breite Strasse verlassen. Nicht die einzige Möglichkeit, unser Ziel zu erreichen. Auch über Sinkhole Flat ist weiter nördlich eine Zufahrt möglich, wir wählen aber die genannte Abzweigung. Leider ist das Wetter nicht toll, vor uns fällt Regen, der sich aber von unserer Route entfernen.

Der Weg an der Abzweigung bei 12S 0534256, 4305470 bringt unsl wieder näher an die I-70 heran, nach 500 Metern führt eine Spur nach rechts und unter der Interstate hindurch. Das ist nicht unsere Richtung. Wir fahren geradeaus über mehr oder weniger ebenes Gelände der Sagebrush Bench.

Sagebrush Bench; San Rafael Swell
Sagebrush Bench - von Osten kommt hoffentlich besseres Wetter!

Keine aufregende Strecke, leicht zu fahren - man kommt gut vorwärts. Der Weg taucht in ein flaches Tal ein. Nach ca. 3,5 km treffen wir auf eine quer verlaufende Route (12S 0537491, 4306554), die Verbindung zum Sinkhole Flat. Links geht es weiter, rund einen Kilometer, wo wir am nächsten Wege-T rechts abbiegen (12S 0536943, 4307356) dieser Route folgen und auch den Abzweig ca. 1,5 km weiter rechts liegen lassen. Rattlesnake Flat nennt sich die Gegend. Leicht hügeliges Grasland, dünn mit Pinions bestückt. Noch immer nicht aufregend!

San Rafael Swell
Der Weg wird schmaler, bleibt aber gut. Regen hat alle alten Spuren ausgelöscht.

Es gibt viele Abzweigungen. Ohne Topomaps und GPS wird es schwer, die richtigen Wege zu finden. Die folgende Strecke über Jackass Flat und  - Benches soll nur kurz angerissen werden:  Geradeaus bei 12S 0537991, 4308199, rechts bei 12S 0539083, 4310129, links bei 12S 0541564, 4310148, geradeaus bei 12S 0541982, 4312641, zuletzt rechts abbiegen bei 12S 0541259, 4313764. Nun kann nichts mehr schief gehen - weitere Abzweigungen sind nicht zu befürchten! Man kann weiter sehen, z.B. die Cliffs nördlich des San Rafael Rivers, die Monotonie des Hügellands verschwindet.

Jackass Benches
Regen über dem San Rafael River.

Der Weg wird rauher. Nicht wirklich hart, aber steinig. Langsam aber sicher senkt sich die Spur auf tieferes Terrain. Mexican Mountain ist gut zu sehen, dient als Orientierungspunkt.

Wir sind ganz nahe an der Upper Black Box, können sie aber nicht sehen. Man könnte bei 12S 0541763, 4315419 anhalten, nach links vom Weg querfeldein ziemlich genau nach Norden laufen und stände nach nur 400 Metern am Südrand der Box, könnte sie auf eineinhalb Kilometer Länge überblickend. Wir fahren weiter, legen die letzten knapp 1,3 Meilen bis zur Grenze der Wilderness Study Area zurück. Hier startet unsere Wanderung. (12S 0543304, 4315180) Vorher gibt es ein Lunch, die Rucksäcke werden bestückt und geschultert - wir ziehen in östlicher Richtung los!

Trailhed für Swaseys Leap
Swaseys Leap: Trailhead.
Trailhead Swaseys Lep; San Rafael Swell
Stehimbiss Wilderness Style. Es ist serviert!
Swaseys Leap-Trail
Der Trail ist anfangs noch die alte Dirtroad, die heute gesperrt ist.

Noch immer hängen dunkle Wolken über der Swell. Ohne Regen ein Vorteil, da die Temperaturen angenehm unter 25°C bleiben. Nachdem wir das erste Eck umrundet haben steht Mexican Mountain wie eine Trutzburg gegen die dunklen Wolken. Ein Lehrbuch der Stratigraphie. Kayenta Sandstone an den höchsten Punkte, darunter die senkrechten Cliffs des Wingates, 4 weitere Formationen bilden den Unterbau.

Mexican Mountain
Mexican Mountain

Einige 100 Meter weiter steht eine hölzerne Sperre quer über den Weg. Späterstens hier will man motorisierte Uneinsichtige am Witerfahren hindern. Noch einige Meter weiter und wir stossen auf das Wrack eines PKws aus den (vermutlich) 60er Jahren des 20. Jh. - umgestürzt und mit ausgebauter Maschine/Getriebe. Wie es hierher kam wissen wir nicht. Immer wieder erstaunlich, wie weit draussen man Überreste gewöhnlicher PKws findet.

Schrottauto am Trail zu Swaseys Leap
This is the end!
Swaseys Leap Trail
Zwischen den Felsspitzen und den Hügel verläuft die tiefe Schlucht der Upper Black Box.

Ein Panorama von fast archaischer Grösse! Links Mexican Mountain, rechts die schroffen, hohen Cliffs des östlichen Reefs, dazwischen wie eine Oase das Grün entlang des Flusslaufs zwischen den beiden Black Boxes. Durch den stark bewölkten Himmel wirkt die Landschaft schwer, düster und bedrohlich.

Mexican Mountain und das Tal des San Rafael Rivers
Irgendwo versteckt sich die Lower Black Box.

Inzwischen sind wir mehr als die 2 Meilen Luftlinie marschiert - der Weg schlängelt sich mit stetig leichtem Gefälle um kleine Canyons herum, wird damit wesenlich länger als erwartet. Ob es noch Sonne gibt? Ab und zu blinzelt sie durch die Wolken. Sofort wird die Landschaft freundlicher, eindrucksvoller.

Basis des Mexican Mountain
Stratigraphie der Westflanke von Mexican Mountain.

Sonne! Darauf warten wir seit einiger Zeit. Die Temperatur beginnt rasch zu steigen, wir schätzen jetzt die Kopfbedeckungen, die wir dabei haben. Vor dem Mountain steht einsam wie ein Wächter ein abgetrennter Pfeiler aus Moenkopi-Schichten.

Mexican Mountain
Mexican Mountain
San Rafael River am Mexican Mountain
Der San Rafael River umrundet den Mexican Mountain.
Eingang zur Lower Black Box
DEr River tritt in die Lower Black Box ein.
Lower Black Box des San Rafael Rivers
Riss in der Landschaft. Man hört das Rauschen des Flusses in der Black Box, bekommt ihn aber nicht zu Gesicht.

Wir stehen auf einem Plateau über der Black Box, hören den Fluss, sehen ihn aber nicht! Hier irgendwo muss Swaseys Leap und die Brücke sein. Wir suchen, sehen auch gegenüber am Hang den Trail! Die Brücke bleibt unsichtbar.

Rasant sind die Temperaturen auf 35°C geklettert. Keine Lust, zum Fluss abzusteigen um weiter zu suchen. Das Einzige, was wir nun suchen, ist etwas Schatten für eine Rast! 6-8 Meter Abstieg in Richtung des tiefen Risses in der Landschaft bringen unter einer Felskante den ersehnten Schatten. Allein Ausblick von diesem Punkt lohnt die Mühe. Wir finden ihn beeindruckend schön!

Lower Black Box und Cliffs des San Rafael reefs
San Rafael Reef östlich der Lower Black Box.

Geologisch Interessierte wird es wundern. Hier mitten in der Swell und tief unter den Cliffs des Wingates stehen wir auf erdgeschichtlich weitaus älterem Material - Kaibab Limestone! Das ist die gleiche Schicht, die sich ganz oben an den Aussichtspunkten am Südrand des Grand Canyons findet. Wir starten noch einen Versuch, den Fluss zu sehen oder die Brücke zu entdecken. Es gelingt uns nicht!

Lower Black Box des San Rafael Rivers
Lower Black Box des San Rafael Rivers.

Zurück in die Sonne in Richtung Trailhead. 4 schattenlose Meilen mit ca. 200 Höhenmeter Anstieg. Gut, wenn man genug zum Trinken dabei hat.

Oben auf dem Plateau bleibt der Canyon des Flusses unsichtbar. Die Cliffs des östlichen Reefs schliessen sich scheinbar nahtlos an. Nichts deutet mehr auf das Hindernis hin.

Innenflanke des San Rafael Reefs
Die Schlucht ist aus diesem Blickwinkel nicht zu sehen.
Mexican Mountain
Mexican Mountain im Sonnenschein.
Swaseys Leap Trail
Auf dem Rückweg zum Trailhead.
Swaseys Leap Trail
Erosion
Swaseys Leap Trail
Irgendwann wirds auch unter der Kappe warm!
Trailhead von Swaseys Leap Trail
Zurück am Trailhead.

Swaseys Leap ist eine Tour, die nicht oft unternommen wird. Mit ca. 12 km Länge hin und zurück nichts, was nicht machbar wäre, aber auch nichts, dass man nur mit einer Flasche Wasser in der Hand angehen sollte. Ggf. brennt die Sonne unbarmherzig und Schatten ist nicht vorhanden. Entschädigt wird man durch eine archaisch schöne Landschaft und absolute Einsamkeit.

Man kann den Fluss per Furt durchqueren und das Reef der gegenüber liegenden Seite besuchen. Es ist möglich, den Durchbruch des San Rafael Rivers durch das östliche Reef (Thompson Hole) zu durchwandern. 2 Fahrzeuge sind dafür empfehlenswert, um nicht die ganze Strecke zurücklaufen zu müssen.

Und die Brücke! Die konnten wir nicht finden. Wie wir später erfuhren, war sie einige Jahre zuvor zusammengebrochen und in den Fluss gestürzt. Pioniergeschichte ist vergänglich!