Gateway Colorado Auto Museum
Erste Informationen kamen von Friedl Hofstetter, dann lasen wir es in einer US-Zeitung: In Gateway, CO sei ein herausragendes Automobilmuseum eröffnet worden. In Gateway? Eigentlich konnte man das kaum glauben, denn der Ort dämmerte langsam aber sicher einer Existenz als Ghost Town entgegen.
Seine besten Zeiten hatte Gateway wohl um 1940 erlebt, da man in der Umgebung das kriegswichtige Vanadium fand und abbaute. Später schlief der Bergbau ein und die wenigen verbliebenen Bewohner - um die 100 - erwarben ihren Lebensunterhalt durch Ranching.
Der Kern der Ansiedlung östlich der Dolores River Bridge zerfiel zusehends, die Gas Station schloss, nur das Post Office blieb erhalten. Gab es noch einen Laden, General Store? Zuletzt wohl auch das nicht mehr. Wer etwas benötigte sah sich gezwungen, über Schotter nach Moab, UT oder gleich nach Grand Junction zu fahren. In beiden Richtungen über 50 Meilen Distanz.
Und an solch einem Ort sollte es ein Automuseum geben? Noch dazu in einem Resort?
Heute waren wir spät dran, hatten wenig Lust auf gar zu viel Abenteuer. Vielleicht hing das damit zusammen, dass wir unser Fahrzeug am Vortag aus einem tiefen, sandigen Graben befreien mussten. Ausserdem gab sich der Himmel ziemlich bedeckt. Nachmittags gegen 2 p.m. raffen wir uns auf, wollen nach Gateway fahren. So ein Museum könnte ja eine weniger anstrengende Abwechslung bieten. Mal sehen, was uns erwartet?
Der Weg führt uns über die Sand Flat Road hinauf zur Mountain Loop und weiter auf die Gateway Road. Gravel - Teer - Gravel. Insgesamt etwas über 60 Meilen. Die Road ist dieses Jahr in exzellentem Zustand. Wir kommen flott voran, steigen durch den John Brown Canyon hinunter ins Tal des Dolores Rivers ab. Vor uns baut sich mächtig die Gateway Palisade auf.
Der alte Wasserstandsanzeiger an der Durchfahrt durch den John Brown Creek ist verschwunden. Und unten an der Einmündung der Road in die CO 141 eröffnet sich dann ein völlig neues Gateway.
Westlich des Rivers wurde eine grosse Resort-Anlage im Adobe-Stil errichtet. Wer baut denn hier so etwas? John S. Hendricks, der Besitzer des Discovery Channels hat es getan! Es entstand ein Komplex, der offenbar grösser als der eigentliche Ort ausfiel. Restaurants, Läden und eine Tankstelle vervollständigen das Angebot und dann ist da natürlich das Automuseum.
Schauen wir, was uns erwartet. Die Türen des Museums sind sofort zu erkennen, dafür aus massivem Holz. Dahinter betritt man eine eigene Welt. Hier hat sich jemand einen Traum verwirklicht, hat ein Museum geschaffen, das etwas vom Schlumpf-Museum in Mulhouse, Frankreich hat und doch ganz anders ist.
Im Gegensatz zu den Intentionen der Schlumpf-Brüder hat Hendricks seine Sammlung von vorneherein der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Präsentiert werden im Übrigen nur Fahrzeuge aus US-amerikanischer Produktion.
Das Museum ist abends bis 7 p.m. geöffnet. Der Eintritt - $ 7 (2009) pro Person - erscheint sehr preiswert. Insgesamt werden ca. 50 Fahrzeuge geordnet nach Themen und Zeiträumen präsentiert. Die Räume sind dunkel gehalten und die Stars auf 4 Rädern stehen im gleissenden Licht der Strahler! Automobile Accessoirs der jeweiligen Epoche, den Zeitgeist wiederspiegelnd, schaffen das passende Ambiente. Video-Installationen ergänzen die Themenbereiche.
Gleich am Eingang, noch bevor er seinen Obolus entrichtet, erwartet den Besucher die ersten automobilen Objekte. Photographieren ist erlaubt, technisch aber nicht immer ganz einfach! Durch die Art der Beleuchtung kommt es leicht zu Farbveränderungen in den Bildern, da die Lichtquellen wohl nicht alle dieselbe Lichtfarbe haben. Blitzlicht macht die Sache auch nicht besser. Trotz allem sind mit ruhiger Hand und einem guten Bildstabilisator Aufnahmen möglich, von denen man zu Zeiten der analogen Photographie nur träumen konnte.
Unter manchen Bildern finden sich Links zu ergänzenden Informationen.
Eingangshalle
Findet sich im Eingangsbereich noch eine bunte Mischung an Fahrzeugen, geht es von nun an thematisch geordnet weiter. Was auffällt: Alle Fahrzeuge sind in exzellentem Zustand, einige vermutlich besser als im Original. Geld spielte bei der Aufbereitung offenbar keine Rolle.
Mass Mobility
America Gets Behind the Wheel
Die Anfänge des Automobils in den Vereinigten Staaten waren von wesentlich grösseren Schwierigkeiten begleitet als in Europa. Das Land vertraute beim Transport vor allem auf die etablierte Eisenbahn. Wegenetze waren oft nur lokal vorhanden und kaum miteinander verbunden, von Strassen zu sprechen war oft verwegen. Der erste transkontinentale Trip benötigte 63 Tage!
Angeblich waren zu Beginn des 20. Jh. nur ca. 150 Meilen Strassen befestigt, alle innerhalb von Städten. Ein Teufelskreis! Zu wenige gute Strassen, um die Anschaffung von Automobilen zu rechtfertigen und zu wenige Automobile, um den Ausbau der Strassen voranzutreiben. Trotz dieser Hindernisse entwickelte sich nach der Jahrhundertwende eine http://hatchcanyon.eu/Navigation/USA/Colorado/Gateway/Auburn/_DSC1362_12.jpgrudimentäre Automobilfertigung.
Im Sommer 2009 befindet sich eine spezielle Leihgabe in der Sammlung: Percival Lowells Stevens-Duryea Model Y von 1911, "The Big Red".
Das mächtige Fahrzeug gehörte dem Begründer des gleichnamigen Observatoriums in Flagstaff und bietet 7 Personen Platz. Stevens-Duryea war im Übrigen der erste US-Hersteller von Automobilen .
Eine weitere Leihgabe:
Harri Masinton aus Cedaredge, CO stellt seinen Show Winner, einen Buick Tourer aus 1923 aus. Auch dieses Fahrzeug befindet sich in einem Top-Zustand. Aufnahmen zeigen, das es vor der Restaurierung eine völlige Ruine war.
Timeline
The American Car Evolves
Die Entwicklung ging weiter, wurde stürmischer. Auch die grosse Depression konnte den Aufstieg des Automobils zum Massentransportmittel nicht bremsen. Der Lincoln Highway als erste Coast-to-Coast - Verbindung entstand, wurde geteert. Aber immer noch war die grosse Anzahl der Roads ohne festen Strassenbelag.
Doch das Fundament war gelegt, die Entwicklung nicht mehr aufzuhalten. Die Technik entwickelte sich stetig weiter. Einige herauragende automobile Exemplare belegen diese Zeit.
Hollywood High Style
American Automotive Icon1210
Jede Zeit hat ihre Stars und die Hollywood - Stars hatten ihre automobilen Lieblinge. Wer in der 30er Jahren des 20. Jh. im Filmgeschäft einen Namen besass, der zeigte auch gerne Glamour am Automobil. Es entstanden extravagante Fahrzeuge, die für den Durchschnittsamerikaner unbezahlbar waren. Stars der Boulevards, so wie Europa seine Bugattis, Isotta Fraschini, Hispano Suiza und Bentleys hatte.
Production Resumes
Post War Prosperity
Zu Beginn des Jahres 1942 wurde in den Vereinigten Staaten von America die Produktion von Personenwagen zugunsten der Herstellung von Kriegsgütern eingestellt. Alle Autohersteller fertigten von nun an bis zum Herbst 1945 Waffen und unterstützendes Gerät - Cadillac z.B. Panzer, Chrysler Luftabwehrgeschütze.
Erst die Kapitulation Japans liess die USA zur Zivilwirtschaft zurückkehren. Eilends wurden alte Produktionseinrichtungen wieder in Betrieb genommen und die ersten Neufahrzeuge kamen noch im Herbst 1945 zu den Händlern.
Ein riesiger Bedarf hatte sich angestaut, gab es doch in den vergangenen Jahren nur wenige Konsumgüter zu erwerben. Heimkehrende GI´s verfügten über erhebliche Kaufkraft, da ihnen im Krieg die Gelegenheit zum Konsum fehlte. Darauf reagierte die Autoindustrie, indem sie ihre Vorkriegsmodelle aufhübschte und auf den Markt warf.
Fifties Style
The Sky`s the Limit
Das Motto der beginnenden Fünfziger Jahre war auch das Motto der Automobilindustrie. Mit einem wachsenden Netz guter Fernstrassen war dem aufkommenden amerikanischen V-8 die Weite des Landes eröffnet.
Daneben wurde mit allem Möglichen experimentiert - auch das atomgetriebene Auto schien realisierbar. Das Design passte sich an, übernahm Elemente, die dem Jet-Zeitalter Reminiszenz erwiesen. Rocket-Symbolik und Flügel, Chrom im Überfluss und schwellende Formen suggerierten grenzenloses Wachstum und Prosperität.
Leader of the Pack
Heute würde man es Concept Car nennen, was Mercury 1956 vorstellte und als "Idea Car" bezeichnete. Das Fahrzeug wurde mittels Truck and Trailer auf Reisen geschickt und im ganzen Land vorgeführt.
Man entschloss sich alsbald, den Hoffnungsträger als Topangebot der Marke in Serie zu produzieren. Für 1957 wurde das Fahrzeug als Pace Car des berühmten Indy 500 - Rennens auserkoren.
Trotz der Indy-Ehre stellte sich kein Erfolg ein. Das Fahrzeug hatte zu viele Macken, wies eine unterdurchschnittliche Produktionsqualität auf. Nicht einmal 17.000 Einheiten konnten verkauft werden.
Vom Indy Pace Car hatte man ca. 250 Replicas aufgelegt - sozusagen mit voller Kriegsbemalung. Eines davon ist in Gateway ausgestellt.
Childrens Delight
In den 50er Jahren des 20. Jh. gehörte er im Sommer zum Bild der Wohnsiedlungen: Der stets weiss gekleidete Good Humor Eisverkäufer mit seinem Eiswagen.
1920 war in Ohio das Eis am Stiel erfunden und bald darauf unter dem Namen Good Humor patentiert worden. Später von Unilever aufgekauft, expandierte die Marke in den 50ern enorm, kaufte eine grosse Anzahl Eiswagen von verschiedenen Herstellern, die sie mit einer typischen Karossierung versehen liessen.
In 1976 stellte man den Verkauf auf der Strasse ein, verlagerte das Geschäft vollständig in die Supermärkte. Eine amerikanische Institution war damit Geschichte.
One for Millions
General Motors Chefdesigner Harley Earl hatte zur Motorama 1953 - einer Traveling Show, die den Kunden die neuesten Produkte des Konzerns nahebringen sollte - mit der Chevrolet Corvette einen Riesenhit gelandet. Der relativ kleine Roadster schlug ein wie eine Bombe - verkaufte sich aber schlecht!
Für das kommende Jahr sollte dieses Fahrzeugsegment auf eine breitere Basis gestellt werden. Styling Order 2265 entstand auf Basis der Corvette, erhielt die Bezeichnung Oldsmobile F-88. Auch diesem Entwurf war auf der Show grosse Aufmerksamkeit zuteil geworden, da aber die Verkäufe der Corvette hinter den Erwartungen zurückblieben - nur 300 Fahrzeuge im 1. Produktionsjahr! - gelangte die Studie nie in Produktion.
Gerüchte wollen von drei aufgebauten Exemplaren wissen, aber nur eines ist belegt. Nach der Show wurde das Fahrzeug zerlegt. Concept Cars sollten aus haftungsrechtilichen- und steuerlichen Gründen nicht verkauft werden.
Das Fahrzeug aus 1954 verschwand jedoch nicht vollständig. Die Teile wurden in Kisten verpackt und das Ganze mehrfach verkauft. Erst sehr viel später in Arizona wieder zusammengebaut, ersteigerte John S. Hendricks das Fahrzeug auf einer Classic Car Auktion für 3,240,000 $. Es ist heute der Star seiner Sammlung.
Detroit Muscle
Production Performance
Nachdem sich Ende der 50er Jahre kleinere, agile Fahrzeuge wie Chevrolet Corvette oder Ford Thunderbird doch ihre Märkte erobert hatten, begann Detroit mittelgrosse, aber mächtig motorisierte Coupes zu entwickeln. Die Kategorie der Muscle Cars war geboren, sollte bis zur ersten Ölkrise ihre Erfolge feiern.
Namen wie Shelby, der schon zuvor V-8 Motoren in relativ kleine Autos implantierte und damit Aufsehen erregte, eroberten sich ihren Platz in der Automotive Hall of Fame.
Das letzte Fahrzeug gehört eigentlich in eine andere Kategorie - die der "Rods". Basis ist ein 1963 Dodge Polara. Der Umbau entstand 2005 im Rahmen einer Discovery Channel Show in Zusammenarbeit mit der Make-A-Wish Foundation, die damit einen 17-jährigen leukämiekranken Jungen - medienwirksam! - einen Wunsch erfüllte.
Das gebrauchte, aber recht gut erhaltene Fahrzeug wurde völlig zerlegt und neu aufgebaut. Grundlage war ein einfaches Rezept: Man nehme den grössten "Hemi"-Motor, den Chrysler verfügbar hatte und kopple ihn mit einem TorqueFlite-Automatikgetriebe.
Heraus kam diese "Machine in Black" mit 525 PS und ca. 730 Nm Drehmoment.
Das Museum lebt nicht nur von seinen automobilen Exponaten. Man findet viele Dinge, die das Thema abrunden. Werbung, Filmplakate, Objekte die aus dem Autoumfeld nicht wegzudenken sind oder den Zeitgeist widerspiegeln.
Lady wirkt etwas erschlagen, als das Ende des Rundgangs erreicht ist. Nahe des Front Desks gibt es Möglichkeiten zum relaxen. Ich gehe noch einmal zurück. Die vielen Details reizen - die neue Kamera aber auch!
Am Ende würde mich dann noch eine Art Katalog interessieren. Lady hat diesen Wunsch vorhergesehen und das Buch zur Ausstellung "The Performing Art of the American Automobile" schon gekauft. Die Fahrzeuge sind darin fast deckungsgleich zum Museum abgebildet und beschrieben. Alle Aufnahmen entstanden unter idealen Bedingungen im Studio, müssen gelegentlich wegen ihrer distanzierten Kühle hinter dem Bild, das die Fahrzeuge in der Ausstellung abgeben, zurückstehen. Eine interessante Ergänzung zur Ausstellung und seinen Preis allemal wert. (ISBN 0-9779809-0-1)
Beeindruckt verlassen wir die Sammlung. Das helle Tageslicht hat uns wieder. Jetzt wird es Zeit, nach Moab zurückzukehren. Neben dem Parkplatz kann man in einer offenen Halle sozusagen Abschied nehmen. Davor parken noch immer eine Anzahl moderner Sportwagen, alle zugelassen mit nahezu forlaufenden Nummern der License Plates. Wir vermuten, sie gehören dem Besitzer der Anlage.