Oh Guy!
Das Wetter spielt in diesem Jahr 2011 verrückt. Nicht nur dass der Winter ewig lang war, die Monsoon Saison hat es in sich. Die letzen zwei Tage konnten wir richtig geniessen, aber heute hängen schon wieder Gewitter am Himmel.
Morgens trauen wir uns erst mal gar nicht aus dem Ort raus, am Nachmittag wirds dann Zeit, doch irgendwas zu unternehmen. Nach Norden hin sieht es besser am Himmel aus, also beschliessen wir in das Gebiet zwischen dem Canyonlands Airfield und Green River zu fahren.
Ganz neu ist die Gegend nicht für uns, sie hat neben dem Bekannten durchaus noch weisse Flecken. Einmal hatten wir den Crystal Geyser Trail von Norden, also vom Geyser her gesucht und einen Weg gefunden, der vielleicht nicht der einzig mögliche war. Die Gegend des Red und White Washs ist auch nicht neu für uns und Tenmile Canyon sowieso nicht.
Weitere Spuren hatten wir in der Vergangenheit genug gesehen. Irgendetwas könnte man da oben sicher noch entdecken. Also gehen wir "exploren".
Als wir auf der US 191 in Richtung Interstate I 70 unterwegs sind, baut sich im Süden ein neuer Gewittersturm auf. Normalerweise sollte dessen Zugrichtung nicht auf uns zielen, worauf man sich in diesem Jahr nicht so ganz verlassen kann. Man wird sehen, wir werdens erleben!
Abfahrt nach links (12S 0609654 4289623) auf die Blue Hills Road. Wir wollen erst einmal zur Levy Well Road (bei 12S 0599739 4293538 nach links, Westen) und auf dieser weiter nach Westen in Richtung Rainbow Rocks bzw. Tenmile Wash.
Nach ungefähr 2,2 Meilen, dort wo sich der namensgebende Levy Well befindet, zieht links eine steinige Spur den Hang der Blue Hills hinauf, die wir unter die Räder nehmen. Nicht die klügste Entscheidung, denn erstens gibt die Route landschaftlich nicht viel her und zweitens bringt sie uns mehr in Richtung Gewitter. 50 Meter höher und eine halbe Meile südlicher kehren wir um und zur Levy Well Road zurück.
Logische Konsequenz: Eine neue alternative Route sollte weiter nach Norden gehen. Der Bereich der Red/White Washes wäre eine Möglichkeit.
Wir fahren auf den Levy Well Road weiter nach Westen, im Prinzip in Richtung Rainbow Rocks bzw. Tenmile Canyon. Nach 2,6 Meilen halten wir und bei 12S 0593880 4291700 rechts. Auch eine Spur, die wir noch nie benutzt hatten.
Nach kurzem Weg erreichen wir den Graben des Tenmile Washs, der sich auf den Topomaps schon Canyon nennt. Der Höhenunterschied vom Rand bis in den Wash dürfte 10 Meter kaum überschreiten. Jeder fängt halt mal klein an. Nahe der Mündung des Tenmile in den Canyon des Green Rivers werden es dann schon um die 250 Meter sein. Immerhin - die Abfahrt in den Wash ist recht steil.
Auf der Nordseite des Canyon führt uns die Spur nach Nordosten. Nach 1,3 Meilen bei 12S 0594858 4293625 müssen wir entscheiden, ob es zurück zur Blue Hills Road gehen soll oder ob wir uns erneut nach Westen wenden. Die Entscheidung fällt zugunsten der Westroute.
Deutlich ausgedrückt: Das grosse Highlight ist die Gegend nicht. Steinig, öde, mit geringen Höhenunterschieden. Da müssen wir jetzt durch.
Der Trail fordert zwar nicht sehr, ist gelegentlich rauh und steinig, dann wieder nur Sand.
Die Wolkendecke aus dem Süden schiebt sich unaufhaltsam westlich der LaSal Mountains nach Norden, holt uns zumindestens mit ihrem Rand ein. Die öde Landschaft erscheint im fahlen Licht nicht einladender. Da reisst es neben uns auf. Ein merkwürdiges Bild: Am Horizont fast schwarz die hohen Berge, davor graublau die Blue Hills und noch näher die Rainbow Rocks. Eine Stelle erstrahlt im direkten Sonnenlicht, das durch eine Wolkenlücke fällt. Sieht gespenstisch aus.
Wir sind auf der Road gelandet, die südwestlich in Richtung Tenmile Point führt. Das hätten wir auch einfacher haben können. Zunächst geht es weiter auf dieser guten Dirtroad nach Südwesten, denn nach Norden hin liegen die Höhen des Duma Points, die nach den Karten und unseren Kenntnissen keine befahrbaren Trails haben. (Ein Foot Trail führt hinauf auf den Höhenzug)
In dieser Ecke sollte man sich nicht allzu sehr auf DeLorme Topo USA verlassen. Viele Angaben sind falsch. Z.B. soll die Road auf der wir unterwegs sind, die Ruby Ranch Road sein, also die Zufahrt zu jener alten Ranch am Ufer des Green Rivers. Das ist falsch, die Ruby Ranch Road verläuft heutzutage 5 Meilen weiter nördlich. Richtig ist, dass man hier noch Spuren einer Zufahrt zur Ranch finden kann, die wahrscheinlich irgendwann versandete. Das Tor im Zaun ist geschlossen, der Weg entlang des Zauns versinkt ebenfalls langsam im Sand des White Washs.
Es gibt diesen 4WD Trail zwischen beiden Roads, den kennt DeLorme allerdings nur als Foot Trail. Auch das stimmt nicht.
Aber bleiben wir bei der aktuellen Tour. Neben uns kündigt sich eine Art Weltuntergang an.
Das alles kommt genau auf uns zu. Wenn wir wenigstens einen Blitz mit aufs Bild bekämen! Es soll nicht sein.
Jedenfalls ein Grund für uns, diesen 4WD-Trail nach Norden zu nehmen und der Route zu folgen. Das ist - falls es mal so war, dann immer noch die alte Zufahrt zur Ranch. Dieser Weg trennt sich von der Road zum Tenmile Point bei 12S 0586697 4289475. (Würde man dem Kartenmaterial von DeLorme glauben, läge die Trennung bei 12S 0585626 4289017 - 2/3 Meile weiter westlich.) Wir steuern auf den Red Wash zu.
Das Wettergeschehen lässt uns nicht zur Ruhe kommen. Jetzt hat sich offensichtlich eine weitere Gewitterzelle gebildet. Auch nach Nordwesten hin sieht es zunehmend ungemütlich aus. An unserem Standort fällt bisher noch kein Regen.
Wind kommt auf. Die letzten Tage brachten erhebliche Mengen Niederschlag, deswegen hält sich die Staubentwicklung in Grenzen. Zu trockeneren Zeiten entwickeln sich in dieser Gegend schon mal Dust Storms.
Im White Wash muss man normalerweise aufpassen, nicht in tiefen Sand zu geraten. Gelegentlich steht ein Pfahl. Wie bei Karl May im Llano Estacado.
Es existieren 2 Ausfahrten; eine schon nach 0,3 Meilen, die zweite nach 1,2 Meilen. Wir nehmen die erste (12S 0581704 4293332) um auf die heutige Ruby Ranch Road zu gelangen.
Die Ruby Ranch Road befindet sich in ausgezeichnetem Zustand. Trotzdem - das ist heute nicht so ganz unser Tag. Jetzt baut sich genau vor uns schlechtes Wetter auf. Immerhin bietet es uns noch eine schöne meteorologische Erscheinung.
In den dunklen Wolken - die Yellow Cat Area dürfte momentan eingeweicht werden - öffnet sich ein kleines Loch. Sonnenlicht fällt durch und produziert so etwas wie einen punktförmigen Regenbogen.
Bisher hatten wir erstaunlicherweise Glück, haben jeden Regen vermeiden können.
Um wieder mehr in Richtung des helleren Himmels zu kommen biegen wir bei 12S 0587230 4299094 nach Nordwesten in den Salt Wash ab. Hier kommt auch die Route vom Crystal Geyser heraus.
Nach guten zweieinviertel Meilen (12S 0583796 4300555) entscheiden wir uns für die rechte Spur - wahrscheinlich die falsche! Sie führt uns in das Hügelland in Richtung I 70 im Norden.
Nach drei Meilen scheint das Ganze in einer Sackgasse zu enden. Wir finden eine zweite Spur, die uns zu einer Gas- oder Ölförderpumpe bringt. Ist da endgültig Endstation? Nein, eine weitere Spur geht nach Norden (12S 0581473 4303451)
Der Trail ist schlecht, in einer kommenden Steigung so schlecht und eng, da möchte ich eigentlich nicht wieder runter. Das bedeutet aber auch, sich trotz 7:15 p.m. und den Gewittern rundherum auf diesem Trail durchzuschlagen.
Warum der Trail so ist wie er ist lesen wir erst später aus den Topomaps heraus. Ihn hat es bis vor einiger Zeit sicher nicht gegeben, denn die Steigung liegt schon innerhalb des früheren Utah Launch Complex White Sands Missile Range, bis vor einigen Jahren militärisches Sperrgebiet. (In Green River im Stadtpark steht immer noch eine Pershing-Attrappe.) Unsere oliven Jungs haben hier in den 1970er Jahren fleissig mitgeballert.
Das war damals nicht ganz ohne. Immer wieder kam es zu Fehlstarts, stürzten Raketen ab. Das Problem: Die Flugroute nach White Sands ging über zwar dünn besiedeltes, aber bewohntes Gebiet. Das ging so von 1963 bis Juni 1975. Erst Athenas, dann Pershings. (Es gab weitere Startplätze bei Blanding und nahe dem Goblin Valley) Bei jedem Abschuss wurden Hunderte von Menschen auf der überflogenen Route zwangsevakuiert.
Das war auch dringend geboten. Die erste Athena schlug unweit Durango, Colorado ein, eine Peshing schaffte es bis nach Mexico. Abstürze waren also nicht selten.
In 1982 (Pershing II) und 1993 wollte die Army die Abschüsse mit neuen Trägersystemen wieder aufnehmen. In 5 Jahren sollte es zwischen 60 und 100 Starts geben. Der Widerstand in der Bevölkerung war ausgesprochen stark, hätte das doch wahrscheinlich starke Beeinträchtigungen des Tourismus, der neuen Einnahmequelle mit sich gebracht.
(Auszugsweise übersetzt aus: Janet Lowe: Rocket Launch! Volume 30, Seite 11-16 Canyon Legacy 1997. Erhältlich - wenn nicht inzwischen vergriffen - im Dan O'Laurie Museum, Moab)
Seit einiger Zeit versucht man die Gegend für ATV-Fahrer attraktiv zu machen, weist Trails aus bzw. legt solche an. Vielleicht eine kluge Entscheidung, denn in dieser Öde kann man nicht allzuviel Schaden anrichten.
Später werden wir aus Karten herauslesen, dass dieser Trail zu grossen Teil "Guy Trail" genannt wird. Eigentlich eine ATV-Strecke kann man auch mit einem (guten!) SUV versuchen, durchzukommen. Gleich vorweg: Es gibt einige sehr enge und auch kippelige Stellen, an denen ziemliche Vorsicht angebracht ist.
Von den nächsten 60 Minuten und 6 Meilen - mehr schaffen wir auf diesen Wegen in der Stunde nicht - existieren keine Photos. Der Regen holt uns ein, es ist alles andere als gemütlich. Lady fühlt sich ziemlich unwohl, ich habe das Gefühl, wir fahren Schleifen, kommen nicht recht vorwärts. Durch die dichten Wolken wird es schon dämmerig und meine Frau stellt die verständliche Frage, ob wir hier heute noch rausfinden?
Keine Ahnung - hoffen wir es!
Im strömenden Regen und in dieser Einöde liegt plötzlich neben der Spur eine tote Kuh! Auch nicht gerade das, was einem Mut macht. Lady hat den Kadaver nicht bemerkt und ich halte auch erst mal den Mund.
Wie schon geschrieben - nach 6 Meilen und gegen 8:15 p.m. gelangen wir an das obere Ende eines extrem engen Gefälles. Kein Problem für ein ATV - ein gewaltiges Problem für den Jeep Wrangler. Der ist einfach zu breit, oder doch nicht? Seitenfenster auf, Kopf raus und mit vielleicht 2 cm Abstand an dem einen Fels vorbei. Einen folgenden touchiere ich dann doch noch, zum Glück ohne grosses Unheil anzurichten.
Das schlechteste Stück scheint hinter uns zu liegen als wir uns dem Little Grand Wash nähern. Die Road zieht sich immer noch in Schleifchen ist aber wesentlich besser als der Guy Trail. Dafür wirds langsam dunkel.
Wir kommen auf der Zufahrt zum Crystal Geyser heraus, fahren das restliche Stück nach Green River. Im Tamarisk an der Brücke über den River wollen wir zu Abend essen.
Das Beste kommt zuletzt!
Wir haben einen Platz an den Fenstern. Eigentlich ist es schon ziemlich dunkel, die Strassenlaternen auf der Brücke gehen an. Über Green River hängen dichte schwarze Wolken. Da reisst die Bewölkung plötzlich im Westen über der Swell auf. Zwar ist die Sonne schon unter dem Horizont, die Show trotzdem eine grosse.